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Lasst uns Wärme nähen

Beklemmung, Nachdenklichkeit, Hoffnungslosigkeit, Schuld- oder Schamgefühle, Wut, Ignoranz, Hilfsbereitschaft, Freude, Freundlichkeit – die Begegnung mit einer Person ohne Obdach hinterlässt gemischte Gefühle und die Gedanken kreisen häufig um die Frage, wie diesen Menschen am besten geholfen werden kann. Ein Gespräch, Geld, etwas zu essen – was brauchen sie wirklich?

Kein festes Dach über dem Kopf, ohne geregeltes Einkommen, ein Mangel an medizinischer und hygienischer Versorgung… ein Leben auf der Straße ohne den gewohnten Komfort ist für viele Menschen in beheizten Räumen gerade während der kalten Wintermonate kaum vorstellbar. Und doch ist dies Realität und durch Corona verschärft sich die Situation und die Not obdachloser und bedürftiger Menschen weiter.

Leben auf der Straße  – Corona verschärft sich die Situation

Personalmangel, Quarantäne- und Hygienevorschriften oder finanzielle Schieflagen – viele Einrichtungen und Institutionen, bei denen sich solche Personen tagsüber aufwärmen können, sind durch die Auswirkungen von SARS-CoV-2 aus vielfältigen Gründen derzeit geschlossen oder nur eingeschränkt nutzbar. Viele Kleiderkammern können etwa nicht in gewohntem Maße weiter betrieben werden, da in den Räumen schlicht nicht genug Abstand gehalten werden kann. Solche Angebote müssen dann entweder vor die Haustür verlegt werden oder die Kleidungsstücke werden gezielt zu den obdachlosen Menschen vor Ort gebracht.

Kleidung, Wohnung und Nahrung gehören zu den Grundbedürfnissen und sind stark reduziert die Eckpfeiler der menschlichen Würde. Die derzeitige Pandemie schafft Distanz und daher braucht es umso mehr mutige und selbstbewusste Entscheidungen für ein soziales Miteinander.

Notwendigkeit zum Handeln: Lasst uns Wärme nähen!

Die Notwendigkeit zum Handeln sah Benjamin Itter, Mitgründer des Stoffgroßhändlers Lebenskleidung für GOTS-zertifizierte Stoffe aus Berlin, vor gut fünf Jahren, als er auf dem täglichen Weg zur Arbeit in Berlin immer wieder obdachlose Menschen sah. Diese Bilder prägten sich ihm ein. Daraus geboren ist dann die Idee zur Aktion „Lasst uns Wärme nähen“, welche 2020 zum wiederholten Male stattfand.

So funktioniert`s: Lebenskleidung spendet die Stoffe und sendet diese an seine KundInnen, die sich freiwillig dazu bereit erklärt haben, daraus Hoodies, Unterhemden, lange Unterhosen oder T-Shirts zu nähen. Die fertigen Kleidungsstücke aus hochwertigen GOTS-zertifizierten Stoffen werden dann der Berliner Stadtmission oder der Berliner Obdachlosenhilfe e.V. gespendet.

Mode-Post an die Berliner Stadtmission

Um Menschen ohne Obdach in die Mitte der Gesellschaft, in die Mitte des Bewusstseins zu holen sind solche Aktionen goldwert. Durch das Nähen entsteht für die freiwilligen NäherInnen und KundInnen von Lebenskleidung ein neuer Bezug zum Thema Obdachlosigkeit und ein Teil der eigenen Zeit, Energie und Liebe fließt in eine gute Sache. „Fertige ich ein Kleidungsstück für eine obdachlose Person an, bin ich bereits während dem Nähen in Gedanken mit dieser verbunden“, so Anna Keller, Creative Director und Gründerin von YOGANA.world.

Im Januar 2021 nähte Frau Kellner mehrere Kleidungsstücke aus einem Jersey Stoff, der ihr von Lebenskleidung geschickt wurde. Nach Fertigstellung sendete die Gründerin von YOGANA.world diese per Post direkt an die Berliner Stadtmission.

„Wer das Kleidungsstück später tragen wird, wie es der Person tatsächlich geht, all das sind Gedanken, die mir während dem Nähen durch den Kopf gehen. Und das wichtigste: Ich kann liebevolle Gedanken in das Kleidungsstück hineinnähen und so für ein bisschen Wärme sorgen.“

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